Bochum Total ist in erster Linie ein Festival, bei dem progressive und originäre Musik präsentiert wird. Bei der Auswahl der Bands wird darauf Wert gelegt, dass sie möglichst einen eigenen musikalischen Ansatz verfolgen. Stilistisch reicht dabei die Bandbreite von Jazz bis Hardrock. Es muss immer live gespielt werden. Wir waren in diesem Jahr dabei und haben Eindrücke und Musiktipps mitgebracht!
Bochum Total versteht sich nicht als Festival, bei dem nur große Namen präsentiert werden, sondern durchaus als Plattform für musikalische Experimente und Grenzerfahrungen – und so traten in der Vergangenheit bereits heutige Größen wie MIA., Silbermond, Casper, Seeed, Kraftklub, Joris oder The BossHoss in der ‚Rock City‘ auf und brachten die Stadt auf ihren verschiedenen Bühnen zum Beben und Feiern. Neben Musik wird auch das Food-Angebot jährlich erweitert, sodass hier nicht nur der Burger-Hype (natürlich auch vegan) befriedigt wird, sondern auch sämtliche exotische Gelüste. Neues kennenlernen, das ist die offensichtliche Devise bei Bochum Total!
Ein friedliches Stadtfestival, das Musik begeisterte Bürger (aus dem ganzen Land, wohl bemerkt) anzieht und ein friedliches Miteinander fast schon garantiert: Nettes Beisammensitzen, gemeinsam tanzen und pogen, Fremde zu Freunden gewinnen, lachen, zusammen essen und neue Künstler (für sich) entdecken. Auch wir konnten neben uns bekannten Acts neue Musiker auf den ersten Blick lieben lernen: The Peters aus Berlin haben uns auf der Heinz-Bühne von Sekunde 1 überzeugt und in ihren Deutsch-Indie-Pop Bann gezogen – fette Tracks irgendwo zwischen Von Wegen Lisbeth und Neufundland. Auf der Bühne sehen sie nicht nur allesamt aus wie Models (wirklich!), sondern rasten auch zu ihrem eigenen Sound völlig aus und leben leidenschaftlich jede Sekunde. Vor den späteren Headlinern Alex Mofa Gang und Radio Havanna müssen sie sich keinesfalls verstecken! Parallel zu The Peters waren Tom Allan & The Strangest auf der 1LIVE-Bühne zu sehen – natürlich hüpften wir freudig tänzelnd rüber und lauschten den britischen Indie-Klängen der Jungs, die, vor allem auch optisch, irgendwo aus den 80s entsprungen sein könnten – im Übrigen sind sie auf dem selben Label wie Pete Doherty, Clouds Hill Recordings Hamburg.
Bevor der „secret Headliner“ Blackout Problems auf die Heinz-Bühne kommt, dürfen die ebenfalls untereinander befreundeten Bands Alex Mofa Gang und Radio Havanna die Bühne zerlegen – im wahrsten Sinne des Wortes: Konfetti-Regen, Kanonen und Feuerfackel kommen nicht zu kurz, die Meute vor der Bühne tanzt ausgelassen und flippt völlig aus! Beide Bands lassen sich beim Stage-Diving vom Publikum auf Händen tragen – ein Wahnsinnsanblick, wie sie dort auf der Menge schwimmen. Um 20:45 Uhr ist es soweit und die derzeit stark gefeierten Blackout Problems kommen auf die Bühne, um ihr neues Album „Kaos“ vorzustellen – eine Platte, die komplett in den Hörer eindringt, wie wir in unserer Album-Rezension bereits beschrieben haben. Ein reines Rock-Konzert, bei dem Sänger Mario Radetzky direkt zu Beginn voll ins Publikum rennt und einen Teil des Songs inmitten von Fans performt – Gänsehaut-Feeling macht sich breit! Eine wunderschöne und wichtige (!) Geschichte, die es noch zu erzählen gibt, könnt Ihr hier bei der Band selbst nachlesen, wir möchten nicht spoilern – teilt die Message in die Welt hinaus. Ebenfalls gerockt hat die Hamburger Band BRETT, die mit ihrer skurril-witzigen Show die Zuschauer vor der 1LIVE-Bühne begeistern konnte – zunächst sind drei der vier Musiker mit einem Bandana um den Mund maskiert, ehe der Sänger auf die Bühne stürmt und richtig loslegt; kein Stillstehen, die Herren hüpfen non-stop herum und zerfetzten ihre Saiten bzw. schlagen heftig mit ihren Sticks umher. Wer jetzt noch nicht so richtig wach war, hat spätestens nun die Augen aufgerissen und zelebriert mit.
Etwas softer wird es wenig später mit dem Pop-Sound von Tim Kamrad, der sicherlich unter anderem auch Ed Sheeran als großes Idol hat. Seine dreiköpfige Band macht das Projekt optisch zur schönsten Boyband des Tages – auch die Girls in den ersten Reihen stimmen uns bestimmt zu 100% zu – und textsicher sind sie auch noch, ebenfalls bei der neuen Single „Heartbeat“ , die man seit heute überall streamen kann. Ob der Junge aus Velbert all diese Energie bei Samu Haber gelernt hat, als er als Support die Tour mitgereist ist? Man könnte es meinen, denn die Sympathie des Finnen hat er allemal. Für eine ordentliche Portion Pop/Rock sorgten auf der Heinz-Bühne bereits am Donnerstag die Jungs von ANTIHELD, die das erste Mal auf dem Straßenfest spielten und glücklich darüber sind – ein Kindheitstraum von Frontmann Luca ging hiermit in Erfüllung. Und dass es so gut wird und die Fans komplett ausrasten, mit T-Shirts anreisen und vieles mitsingen können, haben sie sich wohl nicht gedacht – die Stimmung spiegelte genau das auch wieder. Eine weitere „Boyband“ , die drei KUULTs, können sich ebenso auf die Fanbase verlassen und werden gefeiert, was das Zeug hält – ob bei dem Radio-Hit „Kinder der 90er“ oder ruhigeren Nummern.
Ein Highlight für das diesjähige Bochum Total Festival waren auf jeden Fall MIA. aus Berlin, die gerade ihr 20-jähriges Jubiläum feiern – bereits 2002 standen sie auf der 1LIVE-Bühne, auch am Donnerstag waren sie Headliner und konnten nicht nur hauseigene Fans, sondern auch Bochum Total-Freunde völlig begeistern: Elektro-Pop vom Feinsten, der unter die Haut geht und zum Abdancen einlädt, was auch mindestens die Hälfte der Crowd ohne jegliche Aufforderung getan hat. Co-Headliner zum Festival-Abschluss am Sonntag waren übrigens René und Chrissi von Prada Meinhoff, die im April bereits als Tour-Support für MIA. begeistern konnte – ebenfalls ein totaler Abriss! Am 6. August ist das Duo übrigens in der Rotunde (als Support für INVSN) live zu erleben. Unbedingt auschecken!
Übrigens: Den Termin für nächstes Jahr könnt Ihr Euch bereits vormerken:
Bochum Total – 04.-07.07.2019