LEONIDEN sind das Gegenteil von „passiert einfach“ und spielen dieses Jahr noch mindestens 55 Konzerte! (Interview)

Veröffentlicht: Mai 8, 2017 in Interviews, Musik
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Leonidens Debüt-Album ist eine über die Maßen euphorische Angelegenheit geworden, verbindet spielerisch Genres, die meilenweit voneinander entfernt schienen, ist eingängig und komplex zugleich, das Ergebnis von DIY-Spirit und der Kraft des Kollektivs. „Leoniden“ klingt so wie sich eine gute Party anfühlt, oder, einfacher gesagt: schlichtweg atemberaubend. Im Interview verraten die Leoniden so einiges!

Wenn Menschen zusammenkommen und sich verschwören, gemeinsam Pläne schmieden und sich nicht zu fein sind sie auch wieder umzuschmeißen, über Jahre hinweg alle verfügbare Energie und Kreativität in die Verwirklichung der gemeinsamen Sache stecken und ihr Tempo dabei immer selbst bestimmen, dann können wirklich wundervolle Dinge entstehen. So passiert bei den Leoniden aus Kiel.  Mit ihrem Debüt-Album „Leoniden“ haben sie die Musikbranche so ein bisschen (stark!) verzaubert, unsere Review gibts hier. Wir haben der Band ein paar Fragen gestellt, die Sänger Jakob uns ausführlich beantwortet hat.

The-Pick.de: WHOOP! Eure Platte „Leoniden“ ist nun ‘ne Weile am Start und Ihr geht voll ab. Wie aufgeregt wart Ihr in der Release-Woche – habt Ihr da noch eine Story zu erzählen, die Ihr bisher noch gar nicht erzählt habt, die wir Euch jetzt so entlocken können?
Jakob: Die Release-Woche war konzentrierter positiver Stress. Gefühlt war es auch eher ein Release-Monat, der immer noch anhält. Aber man, was für eine wundervolle Zeit. Besser kann Aufregung gar nicht sein. Am Tag des Album-Release haben wir dann eine große Hausparty mit all unseren Freunden in Kiel gefeiert. Das ist jetzt nichts Spektakuläres, aber für uns das erste „Kopfausschalten“ seit vielen Monaten. Endlich mal ein Bier aufmachen. 🙂

Ich packe meinen Koffer“ für die Tour und da kommt als erstes WAS rein?
SO WENIG WIE NUR MÖGLICH!!!! Wir reisen ja zu neunt, weil wir noch vier Freunde mit uns im Bus haben. Zwei davon machen die Technik, die anderen beiden sind bei I Salute. Also haben wir uns geschworen die nervigen Ryan-Air-Maße auch für unser Reisegepäck zu beachten. Jeder muss nun lernen, drei Wochen lang mit fünf Shirts auszukommen, hahaha. Auf keinen Fall fehlen dürfen natürlich die ganzen Handy-Laptop-Tablets, alles andere kann man zur Not auch nachkaufen!

Ihr reist quer durch die Republik: Führt Ihr zufällig ein Fahrtenbuch und was war die längste Strecke, die Ihr bisher zurückgelegt habt – und was macht Ihr so im Auto? Habt Ihr zufällig eine liebste Raststätte oder sind Pausen für Euch blöd?
Die A7 ist unser allerbester Freund geworden. Wenn man in Kiel wohnt, fährt man immer erst eine Stunde lang auf dieser Autobahn. Deshalb sind alle Raststätten an der A7 auch kleine „Zu Hause“s für uns. Jeder von uns hat an jedem Parkplatz auch schon seinen festen Baum zum Ranpinkeln. :’) Die längste Strecke bisher war Kiel ->Luxemburg, war aber ’ne schöne Reise. Im Auto wird geschlafen, Musik gehört, gearbeitet, meditiert, ach, einfach das, was man sowieso macht. Es ist in jedem Fall wichtig, dass das Auto auch ein Ruheort sein kann, sonst kann man so eine Tour nicht überleben. 🙂

Dehnübungen auf dem Parkplatz, Pipi machen, lustige Selfies machen, Mutti anrufen, Zeitschrift kaufen – wenn Ihr dann doch mal Rast macht, was ist Standard?
GENAU DAS. Kein Witz. Wirklich kein Witz, dazu kann ich nicht mehr sagen.

Zu welcher Art von Film oder Serie würdet Ihr gerne mal einen Titeltrack beisteuern?
Wow, das würden wir glaube ich lieber den Regisseuren überlassen. Ob, wann und wo unsere Musik etwas Cinematisches hat, liegt außerhalb unserer Expertise. Rein emotional fände ich es überall ganz schön. Ob jetzt bei dem nächsten Lars van Trier-Film oder bei Berlin Tag und Nacht.

Gibt’s einen Song, von dem Ihr sagt, „krass, den hätten wir gern geschrieben“?
Wir geben uns so viel Mühe bei unserer Musik, dass wir froh genug sind, dass wir das über unsere Songs sagen. Bestimmt sitzt jeder von uns mal vor einem Song und denkt sich „Woah, was für ein Basslauf“ oder „Sensationelle Gesangsmelodie“ aber gemeinsam gibt es diese Idol-Songs nicht.

Kippen, Schokolade, Unpünktlichkeit… was sind Eure größten Schwächen?
Rauchen ist dumm. Machen wir trotzdem. Süßigkeiten sind geil und unpünktlich sind wir nie. Unsere größte Schwäche ist, dass wir neurotische Perfektionisten sind und alles immer so gut wie möglich laufen muss. Langsam finden wir uns aber auch damit ab, dass manchmal etwas schief geht, was dann ok ist. Ist ein Lernprozess!

Wie entsteht ein Leoniden Song, gibt es da eine grundsätzliche Vorgehensweise – oder steht Ihr einfach im Studio und es passiert einfach?
Wir sind das Gegenteil von „Passiert einfach“. Solche Momente gibt es suuuper selten. Wir haben gelernt, dass kreative Arbeit bei uns vor allem Arbeit bedeutet. Tagelang sitzen wir im Proberaum vor einem Laptop und probieren ALLES (wirklich alles) aus. Jeder darf zu jedem Instrument etwas sagen und fertig ist ein Song nur, wenn ihn alle lieben. Das dauert. 🙂

Nevermind“ beispielsweise ist ja sehr persönlich und erzählend und gibt uns als Hörer einfach Mut und ein unheimlich gutes Gefühl, fast schon Geborgenheit. Wann habt Ihr den Song geschrieben und welche Bedeutung hat er für die Band?
Der Auslöser für Nevermind war mein Umzug nach Kiel und die damit verbundene Verunsicherung, aber auch die große Hoffnung und Perspektive für mich. Der Song ist aber auch für den Rest der Band von großer Bedeutung. Während ich das Wegziehen thematisiere, ist für die anderen das Da-bleiben ein emotionales Ding. Einige wären gerne nach Berlin/Hamburg/Köln/Brasilien, aber nein, wir bleiben in Kiel, ich kommt zu ihnen und dann packen wir das an!

Am liebsten würden wir jeden Song in so einem „Track by Track Review“ gemeinsam mit Euch besprechen und auseinandernehmen, weil das einfach echt so krass ist, wie viele Elemente Ihr einbaut und wo Ihr das alles herholt. Teilweise fühlt sich das an wie in einem Glücksrausch und es sollte Leoniden auf Rezept geben. Uns würde interessieren, wie Ihr einem tauben Menschen Eure Musik beschreiben würdet – geht das überhaupt?
Das ist super easy: Der Mensch soll einfach auf ein Konzert von uns kommen. Die Bässe, der Spaß und die Energie sprechen hoffentlich ihre eigene Sprache. Zumindest ist das eine bessere Beschreibung als jetzt mit Metaphern um sich zu werfen.

Reihenfolge der Tracks auf dem Album – Zufall oder Masterplan?
Es ist die beste Reihenfolge. Wir haben erst Mal geschaut, welcher Song die besten Nachbarsongs haben sollte. Dann haben wir ein paar Versionen gemacht, alle durchgehört und die jetzige für perfekt befunden. Lyrisch ist das Album übrigens kein Konzeptalbum!

Habt Ihr selbst einen Lieblingstrack der Platte oder wechselt das vielleicht sogar immer mal wieder, dass Ihr denkt heute ist „Sisters“ mein Favorit (der ist nämlich heute meiner!) und morgen „The Tired“?
Objektiv lieben wir alle Songs gleichermaßen. Aber du hast schon Recht damit, dass es tagesform-abhängig ist.

Und welchen zockt Ihr am liebsten live?
Auch alle. Je mehr mitgesungen wird, desto schöner ist es natürlich. Insofern sind 1990 und Nevermind schon auch weiter vorne. 😉

Time to get addicted“ – wovon seid ihr persönlich abhängig, im positiven wie im negativen Sinne? Wie definiert Ihr Abhängigkeit für Euch?
Das ist eine schwierige Frage, je nach dem wie tief die gehen soll. Musik machen und am eigenen besser werden arbeiten schreiben wir auf jeden Fall groß. Wenn es Steroide für Musik-Sport gäbe, wären wir eventuell gefährdet, hahaha.

„lässig“ – „laut“ – „leise“ – „launisch“ – „Laktose intolerant“ – wer von Euch steht am ehesten für welche Eigenschaft?
Djamin, Djamin, Lennart, JP, Niemand. In der Reihenfolge!

Wie lange habt Ihr für die Tour geprobt, was für einen Vorlauf habt ihr Euch da genommen – probt Ihr überhaupt oder reicht ein Soundcheck pro Stadt und dann gibt’s abends Action?
Wir haben vor der Tour versucht jeden Tag zu proben, was uns auch größtenteils gelungen ist. Einen Monat lang eigentlich. Wir proben viel und lang und viel und lang. Vielleicht erkennt ihr langsam das Leoniden-Muster. 🙂

Wer ist noch mit Euch auf Tour, wer gehört zum Leoniden-Team?
Fest dazu und IMMER im Tourbus dabei sind Jonatan (Licht) und Flo (Ton). Jonatan und Jakob kennen sich mittlerweile seit fast zehn Jahren und haben zusammen angefangen auf Tour zu fahren, beste Brudis sind das. Flo kam vor circa zwei Jahren dazu und ist einfach der beste Typ der Welt. Die beiden haben unsere Live-Show erst professionell gemacht. Danke, we love you.

I Salute. Krasse Band auch! Sind das Freunde von Euch oder habt Ihr die Jungs entdeckt und dachtet „die müssen wir unbedingt dabei haben“ – welchen Bezug habt Ihr zur Band und habt Ihr das zu 100% selbst entschieden?
Wir haben das 100% selbst entschieden. Wir kennen die beiden nun auch seit etwa 5-6 Jahren. Magnus (Schlagzeug) hat mit Jakob schon vier Alben aufgenommen und Sören (Stimme/Keys) Jakobs erste Tour gebucht. (Ja, die wo Jonatan dabei war). Außerdem haben die Leoniden, als Jakob noch gar nicht dabei war, schon mit Magnus anderer Band und auch mit Sörens alter Band gespielt. Das sind einfach richtig richtig dicke Freunde, die unfassbar gute Musik machen. Da gab es keine Unsicherheiten. Außerdem passen die auch in den Bus mit rein. 😉

Teilweise ist die Musikbranche ein Arschloch, kann man so sagen, oder? Aber dann kommen so „DIY“-Menschen wie Ihr daher, die einen Fuck auf Chart-Platzierungen und Co. geben, sondern ihr Debüt auf dem eigenen Label veröffentlichen, von den wunderbaren FleetUnion bei der PR unterstützt werden und sich jeden einzelnen Hörer und Fan hart erarbeiten. War das schon immer der Plan oder hattet Ihr auch Labelangebote, die Ihr ausgeschlagen habt?
Dass die Musikbranche ein bisschen scheiße ist, finden wir auch. Deshalb haben wir auch einige Deals nicht gewollt und es einfach selbst gemacht. Allerdings glauben wir auch daran, dass es Angebote gäbe, die uns gefallen könnten, weshalb wir die Struktur nicht verteufeln. Aber es selbst zu machen, hat auch viel Spaß gemacht, wir haben viel gelernt.

Nach der Tour ist vor der Tour – gibt es da schon Pläne, was nach der Tour bei euch ansteht, sind vielleicht schon konkrete neue Termine in Planung?
www.facebook.com/leonidenleoniden Wir spielen 2017 noch über 55 Konzerte. Hahaha, das wird so super. 🙂

Social Media wird irgendwie immer wichtiger. Wie nutzt Ihr das für Euch und seid Ihr selbst eher so die ‚Liker‘, ‚Sharer‘ oder stille Mitleser?
Liker! Wir glauben dass 99% des Internets Lennart schon kennen, weil der einen ihrer Beiträge geliket hat. Ist so.

Nehmen wir an, Ihr wärt YouTuber. Irgendwie eine skurrile Vorstellung, aber nichts ist unmöglich. Wofür würdet Ihr ein „Tutorial“ drehen – oder was würdet Ihr generell auf Eurem Channel anbieten? Eher sowas wie ‘ne „Flachwitz-Challenge“ oder Ernstes?
Djamin würde YouTube zurück zu den 2006er Anfängen bringen. So klassische „Smosh“ oder „nigahiga“ Videos und die Welt würde sich kaputt lachen. Ich würde irgendwas Nerdiges tun, das ist auch klar.

Wenn Ihr nicht die Leoniden seid, die im Probenraum abhängen und grandiose Songs schreiben: Wer seid Ihr dann privat, was macht Ihr, wo trifft man Euch in Kiel an und was hört Ihr so für Musik, wo trinkt Ihr Euren Kaffee oder Euer Bier am liebsten?
Das ist eine komplizierte Frage für fünf Leute gleichzeitig, hahahaha. Wir sind da alle auch echt unterschiedlich, aber irgendwo auch ein bisschen otto-normal. Wir trinken gerne guten Kaffee, manchmal ein Bier zu viel, wir schauen gerne Serien mit unseren Liebsten, lieben lange Frühstücke, arbeiten gerne (und auch viel nebenbei) und hören so viel Musik, wie noch in den Kopf reinpasst.

Apropos: Kaffee oder Bier, wenn es nur noch eins geben würde, welches würde bei Euch überleben? Oder greift Ihr eher zum Smoothie oder Glas Milch?
Zurück zur „Addicted“-Frage. Jakob ist Smoothie-süchtig. Je grüner, desto besser. Und sonst Kaffee!

Wir klicken auf ‚Ähnliche Künstler‘ und Spotify schlägt uns zB. Der Ringer, Von Wegen Lisbeth, Drangsal, Gurr, I Heart Sharks, Fil Bo Riva und Kytes vor. Gut – oder wen würdet Ihr dort aufführen, wenn Ihr überhaupt wen nennen wollen würdet?
Auf jeden Fall den Ringer, weil die unsr’e homebois sin!, und dann natürlich am liebsten noch alle anderen Bands, die wir gern haben. „Gleiches Genre“ bzw. „klingt wie“ finden wir ein bisschen whack, und da fällt uns auch niemand ein.

No Shame“ sagt Ihr, Ihr hört auch Popmusik, wenn sie eben gut ist. Scheiß eh mal auf Genres, sind wir voll mit Euch, denn ein guter Song ist ein guter Song. Was ist denn im Moment so der Song, den Ihr nicht mehr aus dem Kopf kriegt?
Die Liste ist unendlich lang. Das wechselt dann auch alle Tage mal. Es gibt unschlagbare Pop-Melodien, die wir nicht aus dem Kopf kriegen. Don’t Look Back in Anger, Over My Shoulder, Toxic usw. Aber manchmal sind es auch die andersartigen Dinge, die man nicht los wird. Das kann ein quietschiges Gitarrenriff einer Math-Rock-Band, eine gepitchte Gesangsmelodie von Dirty Projektors, oder auch einfach der Rhythmus, den dein Altglas in der Netto-Tüte macht sein.

Two Peace Signs. Wie kam das Zeichen zustande und welche Bedeutung hat es für die Band – unabhängig davon, dass Euer Label und ein Song so heißt. Wieso wurde das nicht der Albumtitel, sondern „Leoniden“ – passt das besser fürs Debüt, um ‘100% Leoniden inside‘ zu beschreiben?
BINGO. Genau. Das Zeichen hat Djamin erfunden, dem irgendwann ein Peace-Zeichen nicht mehr genug war. 🙂

Davon ab: Man kann überhaupt nie genug PEACE in die Welt hinausschreien, oder? Die Zeiten sind krass geworden. Was möchtet Ihr der Welt abschließend noch mitteilen?
Geht auf Konzerte, gebt Geld für Kunst aus, seid ehrlich mit euren Liebsten, geht wählen, geht mal in die Sonne und lacht ein bisschen, schämt euch nicht Pop-Musik gut zu finden, lasst euch von uns nicht sagen, was ihr zu tun oder zu lassen habt, we love you, bis bald, wir spielen bestimmt auch bei euch in der Nähe. ❤

Wir möchten uns recht herzlich bei der Band für die Zeit bedanken, uns ein mit ein paar erfrischenden Details zu erfreuen und schließen den Beitrag mit den letzten Worten unserer Album-Review ab: Leonidens Debüt erscheint manch einem vielleicht eintönig, doch das ist völliger Nonsense (ist wirklich so!), denn es ist einfach so komplex, dass es über zahlreiche Umwege (denn genreübergreifender geht eigentlich gar nicht!) immer wieder so klingt, dass 100% Leoniden draufsteht und drinsteckt – und dass es kaum eine Vergleichsmöglichkeit mit anderen Bands gibt. Wir nennen es ganz simpel Youth-Pop mit Einflüssen aller Genres; Musik, die jeden begeistert und mitreißt. Falls es jemand noch immer nicht verstanden haben sollte: IT’S TIME TO GET ADDICTED!“

Leonidenvon Leoniden | VÖ 23.02.2017 | als Download, CD, Vinyl oder Spotify!

Fotocredits: Robin Hinsch

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