FINN kommt aus dem Norden. Vom Dorf, wie er es selbst sagt. Da wo sich nie etwas ändert und der Marktplatz das Zentrum der Welt bildet. Dort ist er in einer bunten, lauten, immer Musik machenden Familie groß geworden. Oma, Vater, Geschwister – alle haben irgendein Instrument gespielt und immer etwas gesungen, vom Volkslied bis zu Motown Classics. Am 10. Februar veröffentlicht der Wahl-Berliner mit „Wie weit“ sein Debüt. Unser Albumtipp für diese Woche – eine Rezension.
Plötzlich war dieser wunderschöne Song da. „Regenmädchen“ . Ein Lied, das berührt, von Sekunde 1 bis Sekunde 218, insbesondere im Gesamtpaket mit dem Musikvideo. Manchmal fragt man sich, wo dieser jenige sich so lange versteckt hat – und im Fall von FINN bekommt man dann auch schnell eine Antwort, die wir hier kurz und knapp halten möchten, um uns dann wieder auf das Aktuelle zu konzentrieren: Irgendwie ist der Sänger ‚damals‘ in die Casting-Show „The X Factor“ gerutscht, hat ein bisschen was gelernt und zwar vor allem eins – er möchte selbst texten und schreiben, er möchte, dass 100% FINN in seinen Songs steckt und er möchte das preisgeben, was er fühlt. Mit dieser Erfahrung zieht er vom Dorf nach Berlin, beendet seine Ausbildung und kümmert sich fortan wieder um seine Musik. Und von dieser möchten wir nun erzählen.
Wer „Regenmädchen“ kennt, hat vielleicht den YouTube-Channel abonniert und kam bereits in den Genuss, die neue Single „Königin der Dramen“ zu hören. Eine ebenfalls gefühlvolle Nummer, die aus der Tiefe einer Beziehung erzählt, sodass man schnell das Gefühl vermittelt bekommt, man sei selbst ein Teil oder gar diejenige, über die gesungen wird – man fühlt sich regelrecht angesprochen von dieser Art, mit der FINN den Hörer um den Finger wickelt; und das mit diesem Charme in der Stimme, der eine Persönlichkeit trägt und Dich fühlen lässt als würdest Du gerade am Telefon hängen und er einen Monolog halten. Intensiver geht es wahrscheinlich nicht. Überhaupt werden in diesen Texten Geschichten erzählt, die nach Alltag klingen – in „Nicht so schlimm“ oder „Hauptfigur“ beispielsweise entstehen wieder fiktive Persönlichkeiten, die indirekt benannt werden und die Story lebendig werden lassen. Ab und zu entsteht auch ein „Wir“ , gut zu hören in dem von der Gitarre begleiteten balladesken Popsong „1000 Sonnen“ : „Wir spüren, es könnte nicht besser kommen“ . Man sieht: Zwischen all den Dramen gibt es auch Schönes: „Wir sind Träumer und Schwindler, Du bist einer davon“ .
„Wie weit“ ist eine Platte voller Dramatik, denn so ist FINNs Stimme und die Musik: ruhig, erzählend, traurig und doch irgendwie fröhlich und ehrlich. Zwischendurch kommt immer mal ein bisschen mehr Schwung in die sonst eher leise gehaltenen Singer/Songwriter-Perlen, zB. im Titeltrack. Durch das gesamte Album zieht sich eine gewisse Ferne – auch wenn FINN hier lebt und auf unserer Sprache singt, gibt es diesen Hauch Weh- und Schwermut, der eine Distanz entstehen lässt und uns gleichermaßen den Kopf an sine Schulter legen lässt („Es tut mir Leid“ ). Man muss diesem Album Zeit geben, denn das erste Hören lässt das Eis vielleicht nicht unmittelbar brechen – „Wie weit“ ist definitiv eines dieser Alben, mit dem man wachsen muss; doch ist dies erstmal geschehen, ist man sehr gut befreundet und dann fällt es besonders schwer, „Abschied“ zu nehmen, denn –Spoiler– das letzte Lied ist hier nicht eines dieser Lieder, das einen fröhlich aus den letzten Minuten gehen lässt, im Gegenteil, hier wird noch einmal alles aufgerüttelt und die Tränen werden laufen, denn manche Abschiede sind nun einmal für immer. (Am 09.02. spielt FINN sein Album-Releasekonzert im Club Gretchen in Berlin, Tickets gibts hier, bevor er im April EMMA6 bei einigen Terminen ihrer Tour supporten darf, Termine und Tickets hier.)
“Wie weit“ von FINN | VÖ 10.02.2017 | als Download, CD, Vinyl oder Spotify!