Balbinas Musik kommt aus dem Reich der Träume. Wie ein fernes Echo kreisen ihre Geschichten um die Magie des Alltags. Daraus entsteht ein buntes Potpourri voller Referenzen, das mit den Erwartungen bricht, dafür aber die Tür in eine andere Welt öffnet. Balbina aus einer Berliner Hochhaussiedlung lädt in diese Welt ein. „Ich hüpf vom Lügengerüst ins Märchenschloss und drück mich dort vor jedem Stück Wahrheit / Wie ein Kind vorm Vollkornbrot zum Frühstück – bitte nicht noch ein Stück.„ Lest hier unser Gespräch mit der sympathischen Künstlerin, die zur Zeit mit ihrer Band auf „Über das Grübeln„-Tour ist – Tourdaten nennen wir Euch ebenfalls.
Balbinas Welt liegt versteckt, gleich hinter der Realität. Doch wenn man etwas unscharf hinsieht, dann kann man sie erahnen: »Durch die Gardine fällt das Licht gerade so / Ein in die Wohnung, dass auf der Tapete Sterne tanzen«. Denn die Schatten des Vorhangs bilden geheime Zeichen an der Wand, die Heizungsrohre flüstern geheime Botschaften und das Pfeifen des Teekessels summt eine Melodie.
Die Umstände, in denen Balbina aufwuchs, waren sehr unkünstlerisch und recht unmusikalisch. Ihre Mama hatte gerade einmal eine Handvoll Kassetten. Doch bereits damals wusste Balbina, dass sie eines Tages ebenfalls Musik machen würde. Die Dinge haben eine Seele und Balbina kann sie sehen.
In einem Gespräch über ihre wundervolle Musik und ihre einzigartige Persönlichkeit
stand sie uns kürzlich Rede und Antwort.
Aktuell ist Balbina auf „Über das Grübeln„-Tour und kann an folgenden Terminen live erlebt werden:
12.10.15 Berlin Postbahnhof
13.10.15 Dresden Scheune
14.10.15 München Milla
15.10.15 Stuttgart clubCANN
17.10.15 CH-Zürich Bar Rossi
18.10.15 Frankfurt a. M. Café Sankt Peter
19.10.15 Hannover Lux
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Balbina: Ich bin Balbina, ich bin 32, komme aus Berlin und schreibe Lieder. Das ist doch so relativ auf den Punkt getroffen. Dein Album ist ja nunmehr schon seit einem knappen halben Jahr draußen – kannst Du Dich da noch an die schönsten Glückwünsche erinnern, die Du erhalten hast?
Ich denke, dadurch dass die Feedbacks so ausführlich und differenziert waren, wurde meine kleine Platte teilweise intensiv gehört. Dies ist nun kein direkter Glückwunsch, aber ich freue mich, dass es auf Reisen ging und hier und dort ein Ohr fand. Habt Ihr eine Releaseparty veranstaltet oder wie habt Ihr das als Team zelebriert?
Ja, ich habe eine kleine Releasefeier gemacht, die gleichzeitig eine Ausstellung meines Projektes „Origami“ war. Viele, die mich jahrelang begleitet haben und Teil meiner Arbeit waren, kamen. Es war klein, aber fein.
Wie würdest Du selbst „Über das Grübeln“ beschreiben?
Das ist das Nachdenken in einer extremen Form.
Welcher der Songs liegt Dir besonders am Herzen? Kann man das überhaupt so sagen?
Nein, kann man nicht. Jeder Song ist sehr, sehr wichtig. Jeder Song auf dem Album hat seine wichtige Rolle und im Ganzen ergeben sie das Gesamtbild des Albums, weshalb jeder gleich wichtig ist. Manche funktionieren live besser als andere, manche spiele ich noch nicht, manche werde ich noch spielen. Aber unabhängig davon finde ich wirklich jeden genauso wichtig.
Wusstest Du denn von Anfang an, dass Du das Album „Über das Grübeln“ nennen willst oder kam das im Prozess?
Das kam im Prozess. Ich muss zugeben, ich habe länger überlegt, wie ich das Album nenne. „Über das Grübeln“ ergab sich relativ zum Ende.
Wann hast Du deinen letzten Song geschrieben und wo?
Das Ding ist, ich mache überall Skizzen. Also ich skizzier mir die ganze Zeit etwas. Ich skizzier auch jetzt, schreibe mir irgendwas auf und sammele das. Dann setze ich mich irgendwann hin und formuliere das aus. Da kann man nicht wirklich sagen, dass ich dann und dann einen Song geschrieben habe, denn die Songs existieren ja schon länger als Skizze. Ich kann eher sagen, dass die Titel, wenn ich mich ins Studio begebe, um sie zu vertonen, komplettiert werden – durch die Musik. Aber die Skizzen, die entstehen über Wochen, Monate. Das dauert total lange.
Notierst Du Dir die Ideen klassisch im Buch oder auch mal schnell im Handy?
Nein, eher im Notizbuch. In mein Handy notiere ich mir relativ selten was, weil mich das Tippen nervt. Auch bei Emails: Da wird dann was automatisch vervollständigt, dann ist es wieder ein anderes Wort und dann schickst du es ab, bevor du es überhaupt richtig lesen konntest...
Sind es im Prinzip immer nur Textfetzen, also keine ganze Seite voll, sondern Du guckst später dann, welcher Fetzen zu welchem passt…?
Richtig, es sind manchmal nur Textfetzen, es sind manchmal Sätze und manchmal ist es auch z. B. schon ein 4-Zeiler, manchmal jedoch auch nur ein Wort. Das ist komplett unterschiedlich.
Vor Deiner eigenen Tour warst du ja als Support mit Herbert Grönemeyer unterwegs – das war doch sicherlich ziemlich krass, oder?
Ja! Von dieser Phase an, wo mich wirklich niemand kannte und ich so gar nichts in Aussicht hatte – und dann gehe ich auf einmal mit Herbert Grönemeyer auf Tour, das war überwältigend. Ich bin nur ein normaler Mensch und stehe dann plötzlich im Vorprogramm eines großen Künstlers auf der Bühne. Bis dato hatte ich nur kleine Konzerte, die Studioarbeit und meinen Job als Verkäuferin, um von etwas leben zu können.
Wer ist Dein größter Kritiker und wann hat er Dich zuletzt kritisiert?
Ich bin mein größter Kritiker und ich kritisiere mich stetig. Kritiken anderer Kritiker interessieren mich nur dann, wenn ich das Gefühl habe, dass sie mir zugehört haben! Wenn dies nicht zutrifft, dann lass ich das nicht an mich ran. Es ist mir echt egal. Heutzutage, in dem Zeitalter des Internets, ist es sehr leicht, eine Kritik zu verfassen und sie zu veröffentlichen. Das bedeutet jedoch nicht gleichzeitig, dass all diese Kritiken qualitativ hochwertig sind. Da muss man differenzieren. Wie gesagt, bevor ich etwas veröffentliche, durchlief es Wochen erst einmal eine Selbstkritikphase.
Aber dann ist es auch 100%-ig und dann würdest Du es nach einem Monat oder so nicht nochmal verändern?
Dann ist es 100%!
Anders als bei den anderen Songs ist „Hut ab“ ja eher weniger metaphorisch, sondern schon gerade heraus, eher wie eine Konversation. Wie ist der Song entstanden? Gab es da einen Punkt, in dem Du an dir selbst gezweifelt hast, dass Du dieses Gespräch quasi mit Dir selbst geführt hast?
Das hat zwei Facetten. Also einmal dieser Selbstzweifel, dieser innere Richter. Dass, egal, was du tust, du bist nie zufrieden mit dem, was rauskommt. Und dann natürlich auch der Dialog mit Außenkritik – die ich aber noch nicht mal nur auf Musik beziehe, sondern allgemein halte. Wenn man sich von der Gesellschaft nicht akzeptiert fühlt, weil man sich ausgeschlossen fühlt. Wenn einen Leute dafür kritisieren, wie man ist, wie man aussieht, was man sagt, was man tut oder welche Entscheidungen man trifft. Und allgemein dieser Dialog, den du hast: Entweder in so einer Situation oder mit dir selber. Und ich fand das wichtig, das mal zu artikulieren und das mal durchzuspielen. Daran merkst du, wie du dich selber auch teilweise fertig machst. Egal, was dann Gutes kommt, du machst dich trotzdem schlecht und egal, wie absurd schlecht die Kritik ist, sie trifft dich dennoch. Man ist häufiger mal in diesem Wirbel drin, dass man sich runter macht – dass man da einfach auch mal merkt, das ist jetzt nur noch so ein Wechselbad der Absurditäten. So nach dem Motto „hör auf damit“, das ist okay. Jeder macht Fehler, das ist auch völlig in Ordnung. Aber man darf sich einfach nicht geißeln.
War das denn von Anfang an klar, dass Justus Jonas den Song mitsingt?
Für mich war das von Anfang an klar, dass er das machen muss. Und dann habe ich ihn gebeten und er hat zum Glück Ja gesagt. Ich mein, er macht’s perfekt! Ich glaube nicht, dass jemand das so gut gekonnt hätte.
Du nimmst ja viel Inspiration aus dem Alltag, musst Du Dich da manchmal ‚zwingen‘, dass Du mal nicht skizzierst; kannst Du trotzdem auch mal NUR die Freizeit genießen?
Nicht wirklich. Sogar, wenn ich irgendwo ans Meer fahre und am Strand liege und sage „ich habe jetzt Freizeit“ – schaffe ich es einfach nicht. Abschalten zu können, das würde ich mir wünschen.
Reist Du gerne? Welchen Ort / welches Land würdest Du gerne mal besuchen?
Ich fahre häufig nach Warnemünde, weil ich da Freunde habe und dort schreibe ich auch gerne. Für mich ist Glück häufig damit verbunden das Meer zu sehen. Nach vorne zu schauen und einfach keine Limitierung zu haben. Ich habe kein Wunschreiseziel, wenn ich ehrlich bin. Mal sehen wohin mich der Wind weht.
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ – Welcher Zauber wohnte denn Balbina inne?
Das ist eine gute Frage, echt. (überlegt kurz) Tatendrang. Das würde es einfach am Besten ausdrücken. Tatendrang!
Warum ist denn „Seife“ nicht mit aufs Album gekommen, andere Songs der EP aber schon?
„Seife“ ist natürlich auch sehr grüblerisch, das würde auch gut ins Thema passen, das stimmt schon. Aber „Seife“ ist von allen Liedern das älteste. Und es wohnt einfach auf der „Nichtstun“ EP, weil es auch ihre erste Videoauskopplung war.
Stell die Jungs, mit denen du aktuell auf der Bühne stehst doch gerne einmal vor. Ihr scheint Euch schon länger zu kennen, oder?
Wir sind meist zu viert auf der Bühne. Mir ist es wichtig, dass die Albummusik von einer Band gespielt wird, denn das ist live einfach intensiver. Nico, Tobi und Chrisse sind schon ein Weilchen mit dabei.
Wir würdest Du die vergangenen Shows mit einem Wort beschreiben?
fantastisch.
Wie lange hast du an der Setlist für Deine erste eigene Tour als Balbina gefeilt und nach welchen Kriterien hast du die Songs ausgewählt und angeordnet?
Das kam aus dem Gefühl heraus, über einen Nachmittag. Und dann war es richtig.
Nach Deinen Shows nimmst du Dir ja immer noch die Zeit, selbst am Merch Sachen zu verkaufen, Dich mit den Fans zu unterhalten, Fotos zu machen etc. Wie nimmst Du diese Begegnungen wahr, wie gehst du mit all den Worten und dem Zuspruch um? Du sagst ja selbst, dass Du bisher immer ‚nur‘ Support warst und nun sind all die Leute auf einmal wegen Dir da.
Super schön! Endlich kann ich die Menschen kennenlernen, die mich durch mein Album schon so gut kennen!
Apropos Support: Du hast ja den guten Okan Frei mit auf Tour dabei. Wie kam es dazu – konntest Du Dir das selbst aussuchen und wenn ja woher kennt Ihr euch?
Okan ist ein Herzensmensch, wir sind Freunde und ich unterstütze ihn in allem was er tut. Ein toller ist er!
Wie nutzt Du die freien Tage zwischen den Konzerten? Geht’s dann immer zurück nach Berlin, ein wenig ausspannen, oder sind die voll mit Terminen?
Interviews wie dieses hier machen 🙂
Was darf auf Tour nicht fehlen – ein gutes Buch, der iPod, das Handy, ….?
Mein eigenes Kopfkissen!
Wie sieht so ein Tourtag bei Euch aus? Morgens in die nächste Stadt fahren, nachmittags Soundcheck, abends Show – oder ist jeder Tag für sich anders?
Genau so, und dass alle ständig Hunger haben und auf das Dinner warten!
Wie nervös bist Du, wenn das Intro ertönt und Du weißt, Du gehst gleich auf die Bühne? Ist das überhaupt Nervosität oder eher einfach nur pure Vorfreude?
Sehr sehr nervös, ich bin meist völlig neben der Spur.
Inwiefern unterscheidet sich die Künstlerin Balbina, die man öffentlich auf der Bühne wahrnehmen und erleben darf von der privaten Balbina?
Die öffentliche Balbina ist selbstsicherer.
Heute geht’s in Berlin weiter. Was wünscht Du Dir für die kommenden Shows?
Dass es so wundervoll weitergeht, wie es begann.
Nach der Tour ist vor der Tour, trifft das zu, gibt es schon Pläne für eine Fortsetzung oder andere Dinge – oder genießt Du den Rest des Jahres erst einmal für Dich, um das bisher Geschehene mal ohne Trubel Revue passieren und realisieren zu können?
Ich bin sehr fleißig und arbeite am nächsten Album. Schon seit Monaten eigentlich.
Was hält Dich wach?
Mein Kopf!
Ist man als Künstlerin auch so etwas wie eine Art Aktivistin? Kann Kunst die Menschen aufrütteln, deren Trägheit in bestimmten Dingen zu überwinden? Falls ja – wozu würdest Du die Menschen bewegen wollen? Oder würdest Du soweit nicht gehen?
„SEID NETT ZUEINANDER!“ das möchte ich weitertragen.
Wieso schreibst Du Lieder?
Wieso nicht? 🙂