Wallis Bird ist der leibhaftige Gegenentwurf zu den zahllosen Gesichtern, die von der „15-Minuten-des-Ruhms“-Welle an den Charts-Strand gespült werden, ohne uns wirklich zu berühren. Als die irische Sängerin, Songwriterin und Gitarristin im April ihr neues Album „Architect veröffentlicht, dann ist das in vielerlei Hinsicht der bisher größte Triumph einer Künstlerin, die sich ihren Erfolg Schritt für Schritt erkämpft hat, zu der jeder, der sie für sich entdeckt, eine Verbindung aufbaut, und deren Werdegang alles andere als arm an Triumphen ist.
Mit ihrem neuen und vierten Album „Architect“ gelingt es Wallis Bird nicht nur ihre stilistische Bandbreite um Elektro-Einflüsse zu bereichern, sondern auch ihre Musik noch entschiedener im Hier und Jetzt zu positionieren – vielleicht, weil sie dabei noch nie so sehr bei sich war, wie dieses mal. In Wuppertal trafen wir die Sängerin vor ihrem Konzert zum Interview:
Zuallererst: Wie geht’s dir heute?
Wallis Bird: Sehr gut! Wir hatten gestern einen schönen Abend, daher geht’s mir heute schon wirklich besser. Heute ist der letzte Gig vor einem freien Tag morgen, das ist immer gut.
Was machst du für gewöhnlich an deinem freien Tag? Verbringt ihr die Zeit zusammen oder ist jeder für sich?
Es kommt darauf an, in welcher Stadt wir sind, ob jemand jemanden kennt: Ob wir uns trennen und jeder seine Freunde besucht. Morgen werden ein paar von uns einen Spa-Tag machen und ich bekomme einen Massage. Das ist aber normalweise nicht das, was ich an einem Off-Day tue. Eigentlich bleibe ich einfach nur im Bett und schaue mir Schwachsinn auf YouTube und Co. an (lacht).
Das leitet uns direkt zu einer weiteren Frage: Hast du irgendeine „Sucht“? (zB. TV-Show oä.)
Ich liebe die Simpsons. Zum Anschauen im Prinzip alles auf YouTube – von Video zu Video und so ende ich in einem „Rausch“ und weiß letztendlich nicht mehr, wie ich darauf gekommen bin.
Aber manchmal kann man auch Dinge von Youtube lernen. Die braucht man dann zwar nicht, aber gut…
Ja, du kannst absolut alles auf YouTube lernen.
Du hast ja erst vor Kurzem angefangen, zu twittern – was hältst du davon bzw. von Social Media generell?
Es ist okay. Die Leute haben zu mir gesagt, dass ich es tun sollte und ich habe so einen Schwachsinn gehört, dass manche Radiosender deine Musik nicht spielen, solange du nicht erfolgreich auf Twitter bist. Also hab ich mir gedacht ‚okay, ich versuch’s mal‘. Ich meine, es ist ja wirklich nur eine kleine Sache, um die mich die Leute da bitten, also hab‘ ich mir gedacht ‚okay, ich mach’s‘ – und es stellt sich heraus, dass es eigentlich auch Spaß macht. Also, wenn sie mich bitten es zu tun, ist das ihr eigenes Pech, denn sie können mir ja nicht sagen, was ich online stellen soll und was nicht. Also poste ich einfach alte Sachen und Dinge, die mich unterhalten.
Was war die letzte CD, die du gekauft hast und gibt es einen Release, auf den du dich freust? Kaufst du CDs tatsächlich noch oder lädst du sie runter?
Ich habe noch nie was runtergeladen! Die letzte CD, die ich gekauft habe, war die neue Scheibe von St. Vincent und die nächste CD, die ich kaufen werde, ist von einer Band Namens Buke And Gase, die bringen ein neues Album raus, das ist ein amerikanisches Duo. Die machen ihre eigenen Instrumente so aus Autoteilen und sowas und die grooven wirklich total, echt cool!
Hat Berlin (und seine Menschen) dein Songwriting und deine Musik beeinflusst?
Ich denke, ich hab‘ im Prinzip ein Album gemacht, das nur in Berlin hätte geschrieben werden können. Mein Umzug nach Berlin hat den Stein im Prinzip ins Rollen gebracht. Als ich umgezogen bin, drehte sich im Prinzip alles ums Organisieren. Wir haben mit einem großen Organisationsplan angefangen: wie lange wir schreiben würden, wer die Fotos macht, wie die Artwork aussehen soll, etc. Der Plan war, innerhalb eines Jahres ein Album zu machen. Also habe ich mir genau dieses eine Jahr als Frist gesetzt, von Anfang bis Ende. Ich hab‘ es mir im Prinzip in Wochen eingeteilt: Eine Woche wollte ich nur für mich sein, eine Woche hinsetzen wie in einem normalen „9 to 5“-Job und wirklich arbeiten und schreiben, die nächste Woche dann frei machen und rausgehen und feiern. Sozusagen ein Wechsel von 1 Woche Arbeit, 1 Woche Freizeit, 1 Woche Arbeit und so weiter. Es war also alles sehr strukturiert und geplant. Daher kam dann auch der Name „Architect“. Der stand von Anfang an, weil ich wusst, wie das arbeiten aussehen sollte / würde.
Der Release von „Architect“ war Anfang des Jahres; mittlerweile hast du einige Live-Shows gespielt. Was ist dein Lieblingssong?
Mein Lieblingssong ist „I Can Be Your Man“, wir haben sehr viel Zeit mit der Postproduktion verbracht. Dieser Song wurde im Prinzip direkt live aufgenommen, das habe ich schon lange nicht mehr so gemacht. Ich habe also alles aufgebaut und dann am Mikro angefangen und der Song war in ‚Null Komma Nichts‘ geschrieben und fertig. Die Nachbearbeitung hat dann mehr Zeit in Anspruch genommen.
Wallis Bird „Encore“ live @ Wuppertal, Die Börse:
Wie viele Songs hast du für das Album geschrieben – und warum hast du ausgerechnet diese 10 ausgewählt, in dieser Reihenfolge?
Um ehrlich zu sein, hab‘ ich nur etwa 11 Songs für das Album geschrieben. Ich wollte dann aber nur 10 drauf packen, denn ich denke, das ist eine gute Zahl. 10 ist besser als 11. Ich habe in den 10 Songs im Prinzip alles gesagt, was ich sagen wollte und alles zum Ausdruck gebracht, was ich wollte, von daher haben diese 10 ausgereicht (statt 11). Es fühlte sich mehr als Ganzes an. Das Album besteht aus 10 Songs und 40 Minuten. Die Entscheidungen zum Album habe ich eigentlich alle recht leicht und schnell getroffen. Es fühlte sich alles so einfach und strukturiert an. Anders als die Sachen, die ich vorher gemacht hab.
Viele deiner Fans betiteln „Architect“ als dein bisher bestes Album. Was sagst du dazu?
Ich würde erstmal Danke sagen. Ich versuche, bei jedem Album etwas anders zu machen und Neues zu lernen. Es ist also sehr schön zu hören, dass die Fans das auch so sehen. Mein nächstes Werk ist immer mein liebstes Werk.
Du liest also selbst nicht viele Reviews zu deinen Sachen?
Manchmal, aber nicht oft. Anfangs meistens, denn dann bin ich neugierig. Aber dann hör‘ ich lieber auf, denn manches will man auch gar nicht wissen
Wenn du ein neues Album schreibst, versuchst du dann automatisch, eine neue Richtung einzuschlagen oder kommt das einfach?
JA! Ich denke, das kommt einfach so. Ich setze mich nicht hin und denke ‚okay, ich muss jetzt was Neues machen‘. Es ist einfach eine natürliche Sache, jedes Mal, wenn ich etwas Neues schreibe. Es fühlt sich immer anders an, geht immer in eine andere, neue Richtung. Die einzige Absicht, die ich habe ist, dass ich regeneriere, was ich schon weiß und es mir selbst schwerer zu machen, härter zu arbeiten.
Wir haben dich in Köln gesehen: Mal ehrlich – wie viele Saiten gehen während eines Gigs drauf?
Wenn ich Glück habe, dann keine. Aber das ist vielleicht 2x in 50 Gigs vorgekommen. Üblicherweise sind es so zwischen 2-9 Saiten pro Show. Verrückt! Im Gloria war es aber noch recht harmlos, ich glaube es waren nur 3 oder so. Vor 2 Tagen waren’s bei einem Gig 8 Stück und ich dachte mir nur ‚oh mein Gott‘ (lacht).
Was ist deine Lieblingssache am Tourleben?
Es gibt immer diesen einen Moment während einer Show, wo dir bewusst wird, wie du dich eigentlich fühlst und genau das auslebst. Wenn du da mit allen stehst und es ist einfach nur alles eine Einheit und es reflektiert im Prinzip den Tag; wieviel Spaß man hatte und was alles so passiert ist, bis man dann auf der Bühne steht. Es ist einfach dieser Moment, der das alles zusammenfasst, ich meine den ganzen Tag, und du denkst dir einfach nur ‚wow, super‘. Wir verstehen uns einfach alle so gut. Es gibt seeehr viel Spaß und Spiele auf Tour. Sehr viel!
Kürzlich warst du erneut bei TV Noir zu Gast. Habt ihr eine besondere Verbindung?
Ja. Ich denke, die finden wirklich gut, was ich mache, sonst hätten sie mich ja nicht ein zweites Mal gefragt. Sie unterstützen uns sehr. Letztes Jahr und zwischen den Alben und dieses Jahr auch wieder. TV Noir ist ‚fucking great‘. Die haben so viele gute Künstler, es ist also echt schön, eingeladen zu werden und für sie spielen zu dürfen.
2014 endet bald: Was ist dein Highlight bisher?
Oh Gott, daran hab‘ ich noch gar nicht gedacht. Wahrscheinlich Gloria (Köln). Köln ist das Erste, was mir da in den Kopf schießt, denn es war wirklich ‚hoooly fuhuuuck‘. Es war verrückt! Und es gab noch zwei andere Gigs dieses Jahr … aber wahrscheinlich wirklich Gloria! Und mein Highlight dieses Jahr ist, dass ich dieses Album darüber geschrieben habe, wie ich jemanden für mich gewinne – und letztendlich habe ich das getan, also… ja, das wäre das Highlight! (grinst)
Dieses Mal hast du eine Art ‚Contest‘ ins Leben gerufen, um deinen Support-Act zu finden. Sie sollten ihre Musik einsenden und du hast mit deinem Team für jede Stadt einen Support gewählt. Coole Sache! Schaust du dir jeden Abend ihre Show an?
Ja! Ja, auf jeden Fall schau‘ ich mir das an. Es kann schonmal vorkommen, dass wir einen Song verpassen, weil es direkt vor unserem Auftritt ist bzw. ich mich umziehen muss oder so, aber ja, wir haben uns bisher alle Acts angeschaut. Ich meine, ich hab‘ mir alle Videos angeschaut, also kenne ich sie ja schon mehr oder weniger, aber es ist immer noch was anderes, sie dann live performen zu sehen. Ich habe bisher auch noch keine Entscheidung bereut. Alle sind wirklich sehr nett und sie haben alle gut gespielt, sehr viel besser als auf den Videos. Das ist perfekt, denn wenn dir vom Video her schon gefällt, was du siehst und hörst und es dann auf der Bühne noch besser ist, ist das super. Es waren einige echt sehr brilliante dabei: Tullara Connors, La Petite Rouge, Minnie Marks, die waren zum Beispiel sehr, sehr gut. Und es kommen noch vieeele mehr, noch 9 aus Deutschland. Heute abend zum Beispiel Sé Wilo Trio. Das ist aber nur einer, das ist ein Wortwitz. aber er hat eine super tiefe Stimme und ich denke, er wird auch ein paar Witze machen, er ist ein echt lustiger Typ.
Vielen Dank an Check Your Head sowie Maxi und Wallis für die Koordination und das super Interview!
GEWINNSPIEL
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Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Viel Glück!
(c) Pressefoto: Jens Oellermann, (c) Interviewfotos: C. Söhnchen