Wallis Bird erkämpfte sich ihren mittlerweile europaweiten Erfolg Schritt für Schritt und gilt als Gegenentwurf zu den zahllosen gesichtslosen “15-Minuten-des-Ruhms”-Künstlern. „Architect“ ist das vierte Album der irischen Songwriterin. Nach Jahren in London zog Wallis Bird vor rund zwölf Monaten nach Berlin und lässt die Impulse der Stadt an der Spree merklich in ihre Musik einfließen, eine signifikante Weiterentwicklung ist deutlich hörbar – insbesondere live überzeugt die irische Songwriterin mit ihrem vierten Album und alten Songs.
Mit Keston Cobblers‘ Club hatte Wallis Bird einen passenden Support-Act. Zwar passt die Band mit dem barfuß auftretenden Sänger und der hübschen Sängerin nicht unbedingt direkt in Wallis‘ musikalisches Genre (welches Genre hat sie überhaupt?), jedoch ist es einfach stimmig, dass genau diese Band heute Abend die Aufwärmphase übernimmt – das empfindet auch das Publikum so. Man fühlt sich wie in einem Pub in Irland, in dem handgemachte Musik gespielt wird und die Damen und Herren einfach so sind, wie sie sind und ihre Songs spielen, die übrigens wirklich sehr gut klingen. Da hätte man ruhig noch ein paar Minuten länger lauschen können!
Keston Cobblers‘ Club „For, Words“ acoustic @ Burberry:
Um 20:30 Uhr geht das Licht aus und die frisch eingelebte Berlinerin betritt die Bühne, nachdem sich ihre Band zuerst hat blicken lassen. Nach einem Intro startet die Show auch schon direkt mit einem Song ihres aktuellen Albums „Architect“: Mit „Communion“ wird der Startschuss für eine einzigartige Show geliefert. Darauf folgen mit „Daze“ und „I Can Be Your Man“ zwei weitere neue Songs, zwischen denen Wallis Bird jedoch auch alte Sahnehäubchen wie „Blossoms In The Streets“ und „To My Bones“ nicht vergisst – und die das Publikum somit nicht vermisst.
Zwischen den einzelnen Liedern fühlt man sich, als wäre man auf einem Wohnzimmerkonzert („…in einem ‚Gay-Pornokino‘, schaut euch mal die Wände an…“) gelandet, das Wallis nur für einen selbst und die engsten Freunde spielt. Einfach, weil sie mit ihrer herzlichen und lustigen Art genau dieses Gefühl vermitteln kann, obwohl sie auf der Bühne des ausverkauften Gloria Theaters in Köln steht – und zwar vor mindestens 900 Menschen. Wallis schafft es, mit ihrer lockeren und ehrlich-herrlichen Art, jeden Konzertbesucher in seinen Bann zu ziehen. Nicht zuletzt, weil sie es schafft, eine gesunde Linie zwischen Ernsthaftigkeit und Humor zu ziehen: „Forget about laws – just love“ ist einer der Sätze, die man als Statement sehen kann und mit dem „I Can Be Your Man“ perfekt eingeleitet wird. Doch auch Humor spielt eine große Rolle, so hört man an dem Abend oftmals die Worte „Funkemariechen“ oder „Schätzelein“ aus Wallis‘ Mund. Nicht nur deshalb scheint das Publikum nonstop in Ekstase zu sein und diese authentische Dame zu feiern, die übrigens aufgrund ihres eigenen Abgehens schon nach Song Nummer 3 komplett durchgeschwitzt ist – inkl. Haare!
Mit „Holding A Light“ und „Girls“ bedient die Setlist auch die Fans der ruhigeren Sounds, wozu der Drummer noch eine sanfte Beatbox abliefert und der Live-Version von „Holding A Light“ somit eine besondere Note verleiht. Nach dieser kurzen Ruhephase geht es wieder heiß her und der passendste Song des Abends, „Gloria“, bringt die Sängerin dazu, sich für eine Runde Stage-Diving auf die hoch gehobenen Publikumshände zu schmeißen. Damit nicht genug: Die Single „Hardly Hardly“ schlägt nochmal ein wie die Konfettibomben, die zwischendurch in der ersten Reihe immer wieder losgehen. Die Fans freuen sich, singen, tanzen, klatschen wie wild – und Wallis spielt wild, sodass auch die zweite Saite ihrer Gitarre reißt. Chapeau! Toppen kann diese Rockmomente eigentlich nur noch Wallis selbst – zunächst tut sie das, indem sie sich zu ihrem Schlagzeuger gesellt und mit ihm á la Safri Duo um die Wette trommelt. Und wie! Während des Publikumshits „Encore“ gibt es einen Gitarrenwechsel, da Wallis sich in Saiten verheddert – DAS IST LIVE. Einzigartig!
Wallis Bird „Hardly Hardly“ live @ Today FM:
Mit einem süßen „Ich freu‘ mich auf die nächste Gig, Funkemariechen … Schätzlein“ verabschiedet der Star des Abends sich für einen Moment, bis mit „River Of Paper“ die erste Zugabe eingeleitet wird, die sogleich auch von Wallis herself unterbrochen wird: „I wanna try it a capella…“. Whoa. Das ist spontan, das ist live, das ist echt – und sie versucht es. Sie schafft es. Das Publikum ist begeistert. Noch immer, ganz stark. So stark, dass auch nach der zweiten Zugabe „The Circle“ keine Ruhe gegeben wird. Längst ist die Bühne leer, aber das Publikum wird nicht müde und applaudiert und jubelt und kreischt so lange, ohne aufzuhören (und das ist wirklich nicht üblich, denn irgendwann denkt man sich „ach, die wollen / dürfen eh nicht mehr“). Doch Wallis will, Wallis darf. Mit Tränen in den Augen steht sie auf der Bühne, ganz alleine. Sie ist beeindruckt und kann es selbst gar nicht richtig fassen: „Wir machen das seit zehn Jahren…“, beginnt sie und man weiß, was sie sagen will: Sie sind so lange im Busniess, sie haben sich niemals verbiegen lassen, sie haben immer ihr Ding gemacht. Und mittlerweile steht sie auf der Bühne im ausverkauften Gloria in Köln, Deutschland und wird enthusiastisch dazu aufgerufen, noch eine weitere Zugabe zu spielen, die sie den flehenden Fans mit „In Dictum“ liefert. Und zwar so, dass die Fans fast weinen müssen. Sie steht alleine auf dieser Bühne, ihre Tränen verlaufen sich in strahlender Freude – und sie singt. Sie singt sich die Seele aus dem Leib, als würde sie in einer Kirche stehen. Alle lauschen ihr, ganz aufmerksam. Kein Gefilme, kein Gerede. Nichts. Nur Wallis Bird auf der Bühne. Und ein sehr dankbares und „befriedigtes“ Publikum vor der Bühne. Ein einzigartiger Abend, der wohl jedem Besucher noch lange in Erinnerung bleiben wird.
>> Hier könnt ihr unsere Fotos von Wallis im Gloria sehen!