Drei Jahre sind seit der Veröffentlichung des ersten Albums von Andreas Bourani ins Land gegangen – aber vielleicht muss es so sein! Um ein Album zu schaffen, das in jedem Ton und in jeder Zeile eine Künstlerpersönlichkeit zeigt, die uns tief und offen in ihre Seele blicken lässt. Das erfordert Mut, wird aber mehr als belohnt: Der Berliner hat für seine neue Platte „HEY“ große Pop-Songs geschrieben, die mit Ehrlichkeit und Nachvollziehbarkeit berühren. Wohl auch, weil sie nicht nur die guten Momente des Lebens feiern, wie sich in unserem CD-Check rausstellt.
Das Album wird mit dem 1:27-minütigen Intro „Refugium“ eröffnet – das Wort kommt aus dem Lateinischen und steht für einen ‚sicheren Ort, an dem jemand seine Zuflucht findet, an den er sich zurückziehen kann, um ungestört zu sein‘. Noch nie, zumindest uns unbekannt, wurde ein Album in seinem instrumentalen Opener besser beschrieben. Andreas Bourani ist „wieder am Leben“ und das spürt man sehr deutlich. Es war, als wäre er nach den Erfolgen von „Nur in meinem Kopf“ und „Eisberg“ abgetaucht und eingefroren. Umso mehr freuen wir uns, dieses Album in Empfang nehmen zu dürfen.
Natürlich ist es schwierig, sein erstes Album zu toppen, wenn dieses doch schon sehr gut war. Jedoch ist Bourani mit „HEY“ genau das gelungen, wie bereits die Vorab-Single „Auf uns“ bewiesen hat. Ein Titel, der für die deutsche Fußballnationalmannschaft und die diesjährige Fußball-WM wie gerufen kommt: „Ein Hoch auf uns / Auf dieses Leben / Auf den Moment, / der immer bleibt / Auf einen Tag Unendlichkeit / […] / Ein Hoch auf das, / Was vor uns liegt / Dass es das Beste / Für uns gibt / Ein Hoch auf das was uns vereint / Auf diese Zeit“. Nachdem die Nationalspieler einst „Dieser Weg“ von Xavier Naidoo intern als Kabinensong wählten, könnte das definitiv die neue Nummer werden, die ihnen Mut macht, auf’s Feld zu gehen – und wenn es nur dazu ist, um den Moment zu genießen und den Zusammenhalt zu feiern.
Andreas Bourani „Hey“ Akustik-Version:
In seinen Zeilen besingt Andreas Bourani nicht nur schöne Dinge, aber immer wahre. Man fühlt sich beim Hören ein bisschen zwischen Wehmut und Glück. „Zwischen leise und laut.“ Ein schönes Gefühl. Es ist einfach nicht so auf Heulsuse gemacht, im Gegenteil – er besingt Gefühle zwar wirklich gefühlvoll, jedoch nicht überzogen und jammernd. Er macht es anders, als viele andere. Alle reden immer von der Vergangenheit und loben sie, er „hängt nicht an den guten, alten Zeiten“, wie er in „Alles beim Alten“ gefühlvoll besingt. Neben diesen Gefühlen fühlt man sich zudem „ultraleicht“, selbst in den Momenten, in denen er schwermütig Schwermütiges singt. Ein Album, dem man nicht nur an regnerischen Tagen lauschen möchte. Aber besonders dafür ist es einfach wie gemacht: mit Kuscheldecke auf der Couch liegen, dem Regen zuschauen und sich daran erfreuen, dass man nicht draußen sein muss, sondern den Klängen des Bourani lauschen darf. „Ich hätte nichts dagegen / Die Sekunden einzufrieren“.
Tränen wären so zwischendurch absolut gerechtfertigt und erlaubt. Insbesondere „Delirium“, „Was tut dir gut“, „Auf anderen Wegen“ und „Hey“ sind vier besondere Titel, die zum Tränchen lassen einladen. Aber das ist auch gar nicht schlimm. Irgendwie merkt man, um noch einmal auf „Refugium“ zurückzukommen, dass es völlig okay ist – denn man befindet sich innerhalb dieser 50 Minuten Gesamtlaufzeit an einem sicheren Ort – man kann sich zurückziehen – man ist ungestört. Und man bekommt Kraft, Mut: „Auch wenn dich gar nichts mehr hält / Du brauchst nur weiterzugehen / Komm‘ nicht auf Scherben zum Stehen“.
Doch nicht nur Traurigkeiten hält Bouranis zweite Platte bereit: Durch „Nimm meine Hand“, „Auf uns“, „Füreinander gemacht“ und „Ein Ende nach dem andern“ kommt positivere Stimmung auf, die Melodie ist schneller, teilweise sogar schon tanzbar, zumindest immer wippbar. Der letzte Titel ist zwar melodisch sehr ruhig, allerdings ist er hoffnungsvoll (was nicht heißt, dass es nicht ein absolut emotionaler Track ist): „Ich bin so am Leben / Mir macht selbst Sterben keine Angst“.
Mit diesem Abschluss, zwischen Wehmut und Hoffnung, wird man aus einem Album entlassen, dass eigentlich recht schwer zu beschreiben ist. Es wird ein Zufluchtsort gegeben, an dem man sich öffnen kann, an dem man nachdenken kann, an dem man gerne ist. Zu dem man sicherlich noch sehr oft zurückkehren möchte. Den man niemals vergisst. Und genau das tun wir seit Tagen: „Hey“, bitte noch einmal abspielen, denn das tut sehr gut.
Ein Hoch auf Andreas + sein „Hey-„Team.
“HEY” von Andreas Bourani erschien am 9. Mai auf CD und als Download!