Wenn Soap-Stars singen – das leidige Thema gab es schon ziemlich oft. Doch im Falle von Linda Marlen Runge ist es anders: Ihr Seriencharakter „Anni Brehme“ aus „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ ist Gitarre spielende Tontechniker-Azubine, Linda selbst ist erfahrene Musikerin – und Schauspielerin. Sie machte schon immer irgendwie beides, ist eben ein Gesamtkunstwerk und befasst sich zudem noch mit der Malerei und Fotografie: In alles, was sie anfasst, steckt sie ihr vollstes Herzblut. Aktuell besonders in ihr Bandprojekt Lejana, das sie 2008 in México mit Eder Perales gegründet hat. In den letzten zwei Wochen waren sie auf ihrer „April„-Tour durch Deutschland und haben ihr Debüt-Album „Lejana“ am 10. April veröffentlicht.
Ein abgelegenes Rider’s Café in Lübeck an einem Ostersonntag. Der Schriftzug über dem Eingang verrät es klar und deutlich: Lejana werden heute eine Headliner-Show ihrer „April“-Tour spielen, supportet von der lokalen Band Dead Trash Bin, die mit dem Rider’s-Inhaber offenbar eine gute Beziehung pflegen. Nachdem die Jungs ihre Metal-Core-Show á la Möchtegern Fred Durst (oh, eine rote Kappe) abgeliefert haben und von den Lejana-Fans, trotz einer großen musikalischen Differenz zum Hauptact, toleriert wurden, heißt es um 22 Uhr endlich: „Das Warten hat ein Ende – let the show begin“.
Rund 30 Fans haben es trotz (oder nach) der Eier-Sucherei noch her geschafft. Eins scheint jedenfalls jetzt schon klar: hier wird man heute viel mehr finden! Das liegt in der Luft, schon bevor Lejana mit der Show beginnen. Es herrscht eine fast schon familiäre Atmosphäre – zwischen den Fans und auch zwischen der Band, die dieses Bild von Freundschaft und familiären Miteinander doch so großartig verkörpert. Nach einem kurzen Intro beginnen sie ihre Show wie auch auf der CD mit dem Song „The City“. „Actually, I’m having fun“. YES – dass, und vor allem wie sehr, diese kleine mexikanisch-deutsche Truppe Spaß und Freude hat, merkt man nicht nur an der unverwechselbaren Ausstrahlung jedes Einzelnen: Linda Marlen singt, tänzelt und grinst, als wäre sie der glücklichste Mensch der Welt, wandert zwischendurch an die Tasten des Synthesizers oder nimmt sich eine edle Gitarre zur Hand; Eder zerknittert hin und wieder angestrengt sein Gesicht und greift tatkräftig in die Saiten seiner Gitarre und tritt auf’s Pedal; Daniel steht wie eine verträumte, schüchterne Statue am Rand und verliert sich in seinen Bass-Saiten; Isaac sitzt leicht versteckt hinter dem Schlagzeug und schlägt mit einer Intensität auf die Trommeln und Becken, wie man sie selten erlebt. Diese Band liebt das, was sie tut und tut das, was sie liebt! Und zwar mit ganzem Herzen und aus tiefster Überzeugung, Leidenschaft.
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Mittlerweile kennen die Fans die Songtexte schon auswendig, sodass sie Eder & Co. bei den Titeln „Your Voice“ und „Why“ lautstark unterstützen können – wenn man die Augen schließt, merkt man kaum, dass man nur in einem kleinen Kreis ist, ist der teils euphorische Jubel doch sehr groß und vor allem gerechtfertigt. Doch mit offenen Augen ist es auch schön, inmitten dieser an sechs Händen abzählbaren Truppe zu sein: Die Frontfrau lässt keine Möglichkeit aus, das Publikum mit einzubinden. Moment mal – Frontfrau? Streng genommen stimmt diese Aussage natürlich, allerdings zeigt das Miteinander und das Zusammenspiel der Band, dass Linda nicht DIE Frontfrau ist, sondern einfach ein Teil des gleichwertigen Ganzen. Sie bilden eine Einheit. Linda stößt hin und wieder mit den Fans an und weiß vor allem eins sehr zu würdigen: „Früher bin ich selbst Bands hinterher gereist. Da hab‘ ich mir immer gewünscht, dass das mal jemand bei mir macht. Und tatsächlich… IHR SEID MITGEREIST!“, spricht sie zwei Fans an, die extra aus Berlin / Stendal nach Lübeck gereist sind und geht vor ihnen auf die Knie. Lejana wissen zu schätzen. So sehr, dass einen eine Gänsehaut überkommt, weil alles sich Abspielende so ehrlich, so echt ist. Keine Enttäuschung, dass nicht einmal 50 Leute da sind, sondern eher ein Witz mit einem Augenzwinkern: „Schön, dass ihr so zahlreich erschienen seid!“. Anhand solcher Kleinigkeiten wird evident, was wirklich offensichtlich ist: Lejana leben ihren Traum und machen sowohl sich als auch die Fans damit glücklich, wie man in den zufriedenen Gesichtern merkt – und zwar definitiv auf beiden Seiten, auf und vor der Bühne.
Lejana „The Dirty And The Beast“ live:
Der zuvor angesprochene familiäre Charakter des Abends wird noch enger, im wahrsten Sinne des Wortes, als Linda passend zum Song „The Girl“ die weiblichen Fans auf die Bühne bittet. Sie sollen doch bitte gemeinsam mit der Band auf der Bühne tanzen und sich selbst feiern. Das lassen sie sich nicht zweimal sagen und schwupps, befindet sich fast das gesamte Publikum tanzend auf der Bühne und genießt den einzigartigen Augenblick im fast heimischen Wohnzimmer. Kurz darauf folgt ein nächstes Highlight: „Vor circa drei Wochen habe ich euch via Facebook gefragt, welchen Song wir covern sollen. Aus allen Antworten habe ich mir meinen Lieblingssong rausgesucht… viel Spaß mit „Wicked Game“ von Chris Isaak“, wünscht Linda und begleitet ihren Favoriten zusätzlich selbst an der Gitarre. Nach dieser ruhigeren Nummer wird es mit „The Dirty And The Beast“ wieder ein wenig rockiger und die Fans feiern den Song, der auf dem aktuellen Debüt-Album leider nicht zu finden ist, wie die Sängerin auch nochmal betont: „Der Song ist nicht auf dem aktuellen Album, aber er wird auf dem nächsten sein… wenn’s denn dann erscheint, so 2023 ungefähr!“, lächelt sie wieder mit ihrer charmant sympathischen Art. Das Lied rockt! Mit dem letzten Song der Platte wird leider auch schon ein perfekter Konzertabend beendet und so wird jedem nochmal bewusst, dass alle „Great Expectations“ erfüllt wurden – vielleicht sogar übertroffen, denn live klingt Lejana einfach nochmal wesentlich besser und intensiver als auf CD: man muss einfach mitgehen, wenn man diese Leidenschaft sieht und spürt.
Lejana „Far Away“ live:
Der ein oder andere wird heute sicherlich aufgrund Lindas Bekanntheit als „Anni Brehme“ aus der RTL-Daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ angereist sein – dennoch hat man nicht das Gefühl, dass die Zuschauer nur auf sie fixiert sind. Nichtsdestotrotz bekommen eben jene mit „Far Away“ eine ganz besondere Zugabe, hat Linda diesen Song doch bereits in der Vorabendserie für ihren Schwarm Jasmin geschrieben und gesungen. Nur von Daniel und seiner Akustikgitarre begleitet, sitzt Linda auf einer kleinen Erhöhung auf der Bühne und singt besagtes Lied „Far Away“, was als Synonym für Lejana steht, für ihre Fans – und für ihre Jungs, die bald leider wieder ohne sie in México sein werden. Doch dass die Distanz im Falle Lejana trotz des Namens keine große Rolle spielt, wird schnell klar: Sie hatten nur zwei Wochen vor der ersten eigenen Deutschland-Tour Zeit, für selbige in México – während Lindas Jahresurlaub – zu proben. Eine Herausforderung, die sie mit Bravour gemeistert haben, mit der sie sich einen Traum erfüllt haben (und den Fans gleich mit!). Bevor sie mit einer fetzigen Punkrockversion von Joy Divisions „Love Will Tear Us Apart“ den letzten Song dieser unvergessenen Tour feiern, gibt’s noch eine innige und beste-Freunde-Umarmung zwischen Linda, Eder, Isaac und Daniel. Und wenn man als Schreiber beim Zurückdenken daran Pipi in den Augen hat, dann sollte das nur nochmal unterzeichnen, was jedem Konzertbesucher der „April“-Tour klar geworden ist: „Wer nicht sucht, findet“. Denn diese Band hat sich nicht gesucht, sondern wurde vom Schicksal oder der Magie zusammengeführt. Ganz sicher. Sie sind eine wahre Band, Hand in Hand, nebeneinander. In México. In Deutschland. Hoffentlich aber vor allem auf noch sehr vielen Bühnen – auf den „Brettern, die echte Musik bedeuten“. Und sie dürfen sich einer Sache bewusst sein: Die Fans werden sicherlich auch dann wieder hinterher reisen und Lindas Jugendträume weiterhin gerne erfüllen.
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